Länge: 640 Seiten
Format: E-Book
Kommen wir als Erstes zum Wordlbuilding: Die Welt wurde in dem Roman gut weiter ausgebaut. Der Roman zeigt in der Dschinnwellt Orte außerhalb Daevebads und beleuchtet zusätzlich die mysteriösen Wasserwesen Marid genauer. Außerdem führte Chakraborty die historischen Hintergründe der Geschichte noch genauer aus. Dies machte es leichter die Handlung, und die Motivationen der verschiedenen Faktionen besser zu verstehen. Gleichzeitig zeigte es, dass alle Seiten des Konfliktes Blut an den Händen kleben haben und was sie sich gegenseitig antaten. The Kingdom of Copper besticht wie sein Vorgänger mit einem tollen Worldbuilding und einer Welt die so gut beschrieben wird, dass sie mir beim Lesen real vorkam.
Der zweite Band der Trilogie führte eine Reihe von neuen Charakteren ein. Charaktere, die im ersten Band kurz vorkamen, bekamen in seinem Nachfolger größere Rollen. Gut gefielen mir hier Alis Mutter und seine Schwester Zaynab. Beide konnten gut integrieren und waren geschickte Politikerinnen, aber sie sorgten sich gleichzeitig um ihre Familie. Sie waren die kühlen und klugen Köpfe der Familie. Ein weiterer neuer, interessanter Charakter war Nahris Mutter Manizeh. Sie ist keinesfalls nett, sondern brutal und machtgierig, gleichzeitig versuchte Chakraborty ihr Handeln den Leser_innen verständlich zu machen. Sie war kein Charakter den ich mochte, doch sie war äußerst faszinierend.
Bei der Charakterisierung gab es auch negative Aspekte: Ali gewann am Anfang des Romans beim Stamm seines Vaters zwei neue Freunde. Diese wurden groß eingeführt und kamen in Alis ersten Kapiteln häufig vor. Sobald sie mit Ali Daevebad erreichten, traten sie an den Rand und spielten kaum noch eine Rolle. Dies fand ich schade, da ich gerne mehr von ihnen gesehen hätte.
Mein größter Kritikpunkt an dem Roman ist die Charakterisierung von Alis älteren Bruder Muntadhir und die damit einhergehende Biphobie. Muntadhir wird wie folgt beschrieben:
There were times it seemed Muntadhir had literally slept with half the people he knew.
Dies ist eine äußerst problematische Darstellung von Bisexualität. Ein bisexueller Charakter sollte nicht auf diese Art und Weise beschrieben werden. Hier greift der Roman das Vorurteil auf, dass bisexuelle Menschen mit allem schlafen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Im Vorgängerband liebte Muntadhir einen Mann, aber betrog ihn nach Strich und Faden. Ein klassisches Vorurteil gegenüber bisexuellen Menschen ist dass sie promiskuitiv und untreu sind. Dieses Vorurteil trifft nicht auf den Großteil der bisexuellen Menschen zu. Viele Leben in stabilen Beziehungen und sind ihren Partner_innen gegenüber treu. Dem Vorurteil untreu und „schlampig“ zu sein sind bisexuelle Menschen permanent ausgesetzt. Wie andere queere Charaktere, kommen bisexuelle Charaktere selten in Filmen, Serien oder Büchern vor. Wenn es bisexuelle Charaktere gibt, sind diese wandelnde Vorurteile und werden genauso dargestellt wie Muntadhir. Dies bestätigt bestehende Vorurteile gegenüber Bisexuellen nur. Muntadhir ist hier ein wandelndes Vorurteil. Dies enttäuschte mich besonders, da Chakraborty bei anderen Minderheiten viel wert auf eine gute Darstellung legte. Ich dachte, dass sie ihre Charaktere nicht so stereotypenbelastet schreiben würde. Muntadhirs Charakterisierung war einer der schlechtesten Aspekte des Romans für mich.
Bei der Handlung von The Kingdom of Copper gab es positive und negative Aspekte. Ich fand es schade, dass kaum darauf eingegangen wurde was in den 5 Jahren zwischen dem Prolog und dem Rest des Romans passierte. Es wird fast nicht erklärt, was die Charaktere in der Zwischenzeit machte. Ich hätte zumindest gerne ein paar kurze Sätze gehört. Zugleich lässt es Nahri naiv wirken, da sie jede Menge Hinweise über schlimme Taten ihres Stammes hat, trotzdem nicht weiß was passierte.
Der Roman enthält jede Menge Intrigen, die ihn spannend machen. Leider werden manche dieser Intrigen nur am Rande behandelt da die Charaktere aus 2. Hand über sie erfahren. Hier wäre es gut gewesen, einen weiteren POV Charakter zu haben, der Einsicht in diese Intrigen hätte geben können. Manchmal bekam ich beim Lesen das Gefühl Chakraborty wollte die Handlung komplexer machen als nötig. Außerdem leidet der Roman unter dem 2. Book Syndrom und besteht stellenweise aus Fillermaterial. Es werden zum Beispiel eine ganze Reihe von Kapiteln darauf verwendet, wie Ali und Nahri ein Krankenhaus bauen. Für Fillermaterial war es von guter Qualität, aber ich könnte mir vorstellen, dass manche Leser_innen The Kingdom of Copper langweiliger finden als seinen Vorgänger. Gleichzeitig enthielt der Roman starke Momente. Die Autorin schreibt emotionale Szenen gut und zeigte gelungen den Zwiespalt einiger Charaktere auf. Zudem gelang Chakraborty ein fantastischer Showdown. Dieser liest sich wie eine Achterbahn ließt und Lust auf den Abschluss der Trilogie macht.
Mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen ging The Kingdom of Copper gut um. Der Roman adressierte Themen wie Heimat, Krieg und dessen Folgen. Er zeigt einen Zirkel der Gewalt auf und wie dieser Menschen und ganze Gesellschaften schädigt. Dies macht manche Stellen des Romans deprimierend, doch dies wurde durch eine gute Prise Humor aufgelockert.
Insgesamt fand ich The Kingdom of Copper mittelmäßig. Der Roman enthält fantastische Momente, aber es gab auch schlechte Momente. The Kingdom of Copper war schwächer als sein Vorgänger. Dennoch freue ich mich auf den Abschluss der Reihe und hoffe, dass er wieder so gut wird wie The City of Brass.